Die Hackbrettfamilie
Die Instrumente der Hackbrettfamilie sind fast auf der ganzen Welt verbreitet, schauen aber regional sehr unterschiedlich aus und haben auch verschiedene Namen.
In anderen Ländern gibt es dafür klingende Bezeichnungen wie salterio, cimbalom oder hammered dulcimer, im deutschen Sprachraum hat sich leider der grobe Name "Hackbrett" durchgesetzt. Doch der Klang des Instruments mit seinen vielen Facetten macht den Namen wieder wett!
Wenn ich hier von Hackbrett spreche, meine ich das "chromatische Salzburger Hackbrett". Dieses Instrument ist in Österreich und Deutschland am meisten verbreitet. Chromatisch heißt, dass es in Halbtonschritten aufgebaut ist. Weitere Bauweisen sind beispielsweise das Steirische und das Osttiroler Hackbrett. Das chromatische Salzburger Hackbrett ist ein vergleichsweise junges Instrument, es wurde erst 1935 entwickelt.
international verbreitet – regional unterschiedlich
Aufbau
Das Hackbrett hat einen trapezförmigen Resonanzkörper mit einem Schallloch in der Mitte. Links und rechts gibt es jeweils einen Steg. Die Saiten laufen von den Stimmwirbeln auf der linken Seite bis zu den Saitenhaltern auf der rechten Saite quer über den Resonanzkörper. Sie gehen auf einer Seite über den Steg und auf der anderen Seite durch ein Loch im Steg. Pro Ton gibt es drei Saiten (bei manchen Instrumenten auch zwei, vier oder mehr), die gleich gestimmt sind. Immer abwechselnd laufen drei Saiten links und drei Saiten rechts über den Steg – nur wo sie oben sind, kann man sie mit den Schlägeln anschlagen. Spielt man immer abwechselnd einen Ton auf der linken und den nächsten Ton auf der rechten Seite, entsteht eine chromatische Tonleiter (aus Halbtonschritten). Die Schlägel sind meist aus Holz, für leichte Schlägel wird auch gerne ein Carbonstiel verwendet. Der Schlägelkopf ist meist mit Leder und/oder Filz bezogen, auch mit der reinen Holzseite wird viel gespielt.
Es gibt verschiedene Größen von Hackbrettern. Auf meinen Bildern siehst du ein Tenorhackbrett mit Dämpfpedal. Es ist größer als das Standardmodell und hat eine Oktave mehr Tonumfang.
trapezförmiger Resonanzkörper – Schallloch – Stege – Saiten – Stimmwirbel – Schlägel
Geschichtlicher Hintergrund
Geht man ganz zurück zu den Ursprüngen des Hackbretts, so landet man spätestens im 9. Jahrhundert, in dem das gezupfte Psalterium in Westeuropa nachgewiesen ist.
Die erste Abbildung eines eindeutig trapezförmigen und mit Schlägeln geschlagenen Hackbretts stammt aus dem 12. Jahrhundert aus Byzanz (heute Istanbul). Auf mittelalterlichen Darstellungen wird das Hackbrett meist von Engeln oder sonstigen himmlischen Gestalten gespielt. Mitte des 15. Jahrhunderts wurde es Dulce Melos genannt, lateinisch für "süßer Klang". Im 16. Jahrhundert änderte sich allerdings der Ruf des Instruments: es wurde als "Lumpeninstrument" und unnütz für die Kunst bezeichnet, da die Saiten so lange ineinander klingen. Lange Zeit war das Hackbrett sowohl beim einfachen Volk als auch in höheren Schichten beliebt, doch im 16. Jahrhundert wurde es im deutschsprachigen Raum zum reinen Volksmusikinstrument.
Ab Ende des 17. Jahrhunderts erlebte es jedoch eine Blütezeit. Viel originale Barockliteratur, die Hackbrettspieler*innen heute kennen, stammt aus Italien und wurde für das barocke salterio geschrieben. Doch auch in Wien war das Instrument bekannt! Ende des 17. Jahrhunderts bemühte sich der deutsche Virtuose Pantaleon Hebestreit, das Hackbrett aus dem Volksmusikdasein hervorzuholen. Er entwickelte eine spezielle Bauweise des Instruments mit Darmsaiten statt Metallsaiten. Wie es genau ausgeschaut hat, geht aus den Quellen leider nicht hervor, aber es soll riesig gewesen sein – mit einer Länge von 270 cm oder gar über drei Metern! Das Instrument wurde nach seinem Erfinder Pantaleon genannt. Im 18. Jahrhundert gab es an der kaiserlichen Hofkapelle Wien einen Hofpantaleonisten, Maximilian Hellmann war ein Schüler von Hebestreit. Johann Joseph Fux, Hofkompositor und Oberkapellmeister am Wiener Hof unter Kaiser Karl VI., wurde sein Mentor. Ab 1740 brachen jedoch am Wiener Hof Sparzeiten an, das teure Pantaleon fiel den Einsparungen zum Opfer.
Anfang des 19. Jahrhunderts verebbte die Blütezeit. Das Hackbrett wurde von seinen Nachfolgern, den Vorläufern des Klaviers, abgelöst. Hast du schon einmal in das Innere eines Flügels geschaut? Der Aufbau ist wie beim Hackbrett: drei Saiten pro Ton werden mit kleinen Klöppeln angeschlagen. Beim Klavier werden jedoch die Saiten, die nicht angeschlagen werden, gedämpft, was zu einem reineren Klang führt. Das lange Nachklingen und somit "Durcheinanderklingen" der Saiten entsprach nicht dem Klangideal der klassischen Musik.
Zum Glück überlebte das Hackbrett regional in der Volksmusik. Heute erlebt es auch in der Neuen Musik wieder einen Aufschwung. Besonders die Vielfältigkeit an Klangfarben, die sich aus dem Instrument hervorholen lassen, inspiriert zeitgenössische Komponist*innen. Auch in der Film- und Popularmusik werden Instrumente der Hackbrettfamilie immer wieder eingesetzt, beispielsweise von Howard Shore in "Herr der Ringe".
Psalterium – Dulce melos: "süßer Klang" – "Lumpeninstrument" – Blütezeit 18. Jhd. –
Salterio – Pantaleon – Volksmusik – Neue Musik
Zwischen Zupf- und Schlaginstrument
Was ich am Hackbrett besonders spannend finde, ist die Vielseitigkeit und Uneindeutigkeit. Es lässt sich nicht klar in eine Instrumentenkategorie einordnen. Meistens wird es den Zupfinstrumenten zugeordnet. Das Zupfen ist durchaus eine gebräuchliche Technik beim Hackbrett, aber die Haupttechnik ist doch das Anschlagen mit den Schlägeln. Ist es also ein Schlaginstrument? Kein anderes Schlaginstrument hat jedoch Saiten. Beim geschichtlichen Hintergrund bin ich schon kurz auf die Verwandtschaft zum Klavier eingegangen, aber ein Tasteninstrument ist das Hackbrett wohl auch nicht...
Wir haben es also mit einer einzigartigen und vielseitigen Instrumentenfamilie zu tun!
Zupfinstrument – Schlaginstrument – Klavier
Fotos: © Elodie Grethen